MÖRe
Schlaganfälle sind in Deutschland ein weit verbreitetes Gesundheitsproblem: Nach aktuellen Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) erleiden jährlich etwa 1,6 % der Erwachsenen einen Schlaganfall. Besonders im höheren Alter steigt das Risiko deutlich an – bei Menschen ab 75 Jahren sind es sogar bis zu 6,3 % pro Jahr. Viele der Überlebenden sind in ihrem Alltag dauerhaft eingeschränkt und benötigen langfristig Unterstützung oder Pflege. Die medizinische Versorgung konzentriert sich daher auf eine schnelle Akutbehandlung. Enorm wichtig ist eine sich anschließende umfassende Rehabilitation, um Rückfälle und Folgeschäden zu verringern.
Ein Hoffnungsschimmer liegt in der sogenannten Neuroplastizität des Gehirns: Das Gehirn besitzt die Fähigkeit, sich fortlaufend neu zu organisieren und so vermeintlich verlorengegangene kognitive und motorische Fähigkeiten zurückzugewinnen bzw. in benachbarten, gesunden Hirnbereichen wieder zu etablieren. Hier setzt unser Projekt an, das innovative Ansätze in der Rehabilitation verfolgt: Die Kombination von modernen Neurostimulationsverfahren mit externen Hilfsmitteln, sogenannten Exoskeletten.
Im Mittelpunkt stehen Methoden der Neurostimulation: Die transkranielle Magnetstimulation (TMS) arbeitet mit gezielten Magnetimpulsen, die die Aktivität von Nervenzellen im Gehirn anregen. Die transkranielle Elektrostimulation (tES) nutzt schwache elektrische Ströme, die über Elektroden auf der Kopfhaut in das Hirngewebe eingebracht werden. Studien zeigen, dass beide Methoden die Bewegungsfähigkeit, insbesondere bei Halbseitenlähmungen, nachhaltig verbessern können.
Neu im vorliegenden Ansatz ist die Verbindung dieser Hirnstimulation mit Exoskeletten, die Bewegungen der gelähmten Hand oder einzelner Gelenke unterstützen. Wird beispielsweise nach einem Schlaganfall die Hand nicht mehr richtig bewegt, können Exoskelette synchron zu den Hirnsignalen Bewegungen ausführen und so das Gehirn zusätzlich stimulieren. Ziel ist es, durch die so erreichte sensorische Rückkopplung das Wiedererlernen von Bewegungen gezielt zu fördern und die Folgen der Lähmung zu verringern. Kern des Projekts ist es, die modulare technologische Infrastruktur aus Stimulationsmodulen und exoskelettalen Aktivierungsmodulen aufzubauen und aus Anwenderperspektive prinzipiell nutzbar zu machen.
Das Projekt wird gemeinsam von der Hochschule Bielefeld (HSBI, Institut für Systemdynamik und Mechatronik – ISyM), der neuroConn GmbH sowie mehreren klinischen Partnern umgesetzt. Die neuroConn GmbH bringt ihre Erfahrung mit medizintechnischen Geräten zur Biosignalmessung und Hirnstimulation ein, während die AG Biomechatronik auf die Entwicklung und Steuerung von Exoskeletten spezialisiert ist.
Ein besonderes Merkmal des Projekts ist der enge Austausch mit Betroffenen, Therapeut:innen und Ärzt:innen. In mehreren Schritten werden die Bedürfnisse im Alltag erfasst, technische Lösungen entwickelt und in der Praxis getestet. So entsteht ein modulares System, das flexibel an verschiedene Rehabilitationssituationen angepasst werden kann. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, in einem nächsten Schritt die Rehabilitation nach Schlaganfall effektiver und alltagsnäher zu gestalten – für mehr Selbstständigkeit und Lebensqualität der Betroffenen.
MÖRe steht für Aufbau und klinische Erstverifikation eines Modul-Ökosystems für die erweiterte neurophysiologische Rehabilitation am Anwendungsbeispiel Schlaganfall. (MÖRe)
Projektpartner
Hochschule Bielefeld, Institut für Systemdynamik und Mechatronik (ISyM), Arbeitsgruppe Biomechatronik
Hochschule Bielefeld, Institut für Systemdynamik und Mechatronik (ISyM)
Sprecher:in

Prof. Dr. Axel Schneider
Hochschule Bielefeld, Institut für Systemdynamik und Mechatronik (ISyM)
Tel.: +49 521 106-71238